Homeoffice – Rechtliche Regelungen für Arbeitgeber & Arbeitnehmer

Mit den stark gestiegenen Infektionszahlen der vergangen Wochen und dem daraus resultierenden Lockdown wird das Homeoffice für viele Angestellte wieder zur täglichen Arbeitsumgebung. Doch noch immer gibt es sowohl bei Unternehmen als auch Angestellten Unsicherheit über die rechtlichen Regelungen bezüglich des Homeoffice. Wir haben mit Claudia Knuth, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin der Anwaltskanzlei Lutz | Abel, über die aktuelle Rechtslage bezüglich der Heimarbeit gesprochen.

Lendis: Wie ist der aktuelle Status quo bei der rechtlichen Betrachtung des Homeoffices?

Claudia Knuth: Homeoffice ist aufgrund der Corona-Pandemie in den letzten Monaten für viele ArbeitnehmerInnen von der Ausnahme zur Normalität geworden. Nichtsdestotrotz existieren bislang kaum gesetzliche Regelungen, wie die Arbeit im Homeoffice konkret auszugestalten ist. Hierfür bedarf es stets einer belastbaren vertraglichen Grundlage, die insbesondere Fragen der Gestaltung der Arbeitszeit, den Arbeits- und Datenschutz, die Kostenübernahme und die Beendigung Tätigkeit im Homeoffice regelt.

Lendis: Muss der Arbeitgeber seine MitarbeiterInnen, die sich im Homeoffice befinden, mit einem Schreibtisch und einem Stuhl ausstatten?

Knuth: Der Arbeitgeber hat den Arbeitsplatz im Büro oder den eingerichteten Homeoffice-Arbeitsplatz auf seine Kosten auszustatten. Haben ArbeitnehmerInnen keinen eigenen geeigneten Schreibtisch oder einen Bürostuhl, dann muss der Arbeitgeber dem/r ArbeitnehmerIn entsprechende Büromöbel zur Verfügung stellen. Geeignet hierfür sind Möbel, welche die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung einhalten.

Info: In der Arbeitsstättenverordnung finden sich klare Vorgaben, welche Anforderungen Arbeitsstätten und Arbeitsplätze zu erfüllen haben. Mehr dazu finden Sie auch in unserem Beitrag zum Thema: Ergonomie am Arbeitsplatz

Lendis: Einige Arbeitgeber gewähren ihren MitarbeiterInnen einmalige Zuschüsse, mit denen sie ihre eigene Ausrüstung für das Homeoffice kaufen könnten. Wie beurteilen Sie diesen Ansatz und welche Probleme könnten dadurch entstehen?

Knuth: Wenn MitarbeiterInnen im Homeoffice arbeiten, hat der Arbeitgeber die Einhaltung eines Mindeststandards im Arbeits- und Gesundheitsschutz zu gewährleisten. Das gilt auch für den Fall, dass der Arbeitgeber dem/r ArbeitnehmerIn einen Zuschuss zur Verfügung stellt, damit dieser sich seinen Homeoffice-Arbeitsplatz selbst ausstattet. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung obliegt es so z.B. dem Arbeitgeber zu beurteilen, ob die gekauften Arbeitsmittel ergonomisch, alters- und alternsgerecht gestaltet sind. Die Beurteilung gestaltet sich naturgemäß schwieriger, wenn ArbeitnehmerInnen den Arbeitsplatz ausstatten.

Lendis: Viele Arbeitgeber haben mobiles Arbeiten eingeführt, aber dies ist nur begrenzt umsetzbar, da viele Mitarbeiter aufgrund der Pandemie nur noch von zu Hause aus arbeiten können. Ist das dann nicht Telearbeit?

Knuth: Der Begriff der „Telearbeit“ ist im Gegensatz zum „Homeoffice“ oder auch „Mobilarbeit“ seit November 2016 gesetzlich definiert. Laut Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) sind Telearbeitsplätze „vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat“. Um Telearbeit handelt es sich erst, wenn der Arbeitgeber nicht nur die notwendigen Endgeräte stellt, sondern den Arbeitsplatz im Gesamten mit Mobiliar ausstattet. Das ist i.d.R. beim Homeoffice der Fall, so dass diese Voraussetzungen auch beim eingerichteten Homeoffice gelten.

Anders ist es bei Mobilarbeit bzw. dem „Mobile Office“, also der ortsungebundenen Arbeit an wechselnden Orten außerhalb des Betriebs (z.B. in der Bahn, im Hotel, auf dem heimischen Sofa oder im Park). Kann der/die MitarbeiterIn jedoch dauerhaft nur noch von zu Hause aus arbeiten, kann die Mobilarbeit zum Homeoffice werden.

Lendis: Welches sind Ihre Meinungen nach die größten rechtlichen Herausforderungen beim Trend zum Homeoffice?

Knuth: Herausforderungen ergeben sich insbesondere mit Blick auf den Arbeits- und Datenschutz (Mehr zu Datenschutz im Homeoffice). ArbeitnehmerInnen laufen die Gefahr, dass Arbeitszeit und Freizeit nicht klar voneinander abgrenzbar sind und sie die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes (insbesondere Ruhepausen und –zeiten, Höchstarbeitszeit, Sonn- und Feiertagsarbeitsverbot) nicht einhalten. Hierbei ist es im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Arbeitszeiterfassung ratsam, bereits jetzt auf transparente Zeiterfassungssystem zurückzugreifen.

Für den Arbeitgeber besteht zudem das Risiko, dass Dritte (z.B. Familienangehörige) Zugriff auf betriebliche Daten, insbesondere auf den Laptop oder das Mobiltelefon des Arbeitnehmers, haben. Der Arbeitnehmer sollte daher mittels einer konkreten vertraglichen Vereinbarung dazu angehalten werden, etwa nur durch den Arbeitgeber freigegebene Software und Dateien zu verwenden sowie Passwörter und betriebliche Dokumente unzugänglich – bestenfalls verschlossen in einem Aktenschrank – aufzubewahren.

Im Hinblick auf arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen, sollten ArbeitnehmerInnen zunächst über geeignete Räumlichkeiten verfügen, in denen die Errichtung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes überhaupt möglich ist. Arbeitsstuhl und Schreibtisch sollten ergonomisch den aktuellen Vorgaben entsprechen. Zu Beginn der Tätigkeit im Homeoffice sollte zudem eine Gefährdungsbeurteilung erfolgen. Um eine Inaugenscheinnahme eines jeden Arbeitsplatzes zu vermeiden, sollte die Gefährdungsbeurteilung durch detaillierte Befragung der MitarbeiterInnen (anhand eines Fragebogens) erfolgen.

Lendis: In welche Richtung könnte Ihrer Meinung nach die Gesetzgebung gehen, insbesondere beim Blick auf andere europäische Länder z.B. in Spanien sind Arbeitgeber verpflichtet worden die Kosten die Kosten für die Homeoffice-Ausstattung der MitarbeiterInnen zu übernehmen?

Knuth: In Deutschland gibt es bereits eine recht umfassende Kostentragungspflicht des Arbeitgebers. Diese greift grundsätzlich nur dann nicht, wenn Homeoffice auf Veranlassung der ArbeitnehmerInnen genehmigt wird.
Der Gesetzesentwurf des Bundesarbeitsministers sieht neben einem Anspruch von ArbeitnehmerInnen auf einen Arbeitsplatz außerhalb des Betriebs von jährlich mindestens 24 Tagen auch eine Pflicht des Arbeitgebers zur digitalen Erfassung der Arbeitszeit vor. Der Arbeitgeber soll nach den Vorstellungen des BMAS den Anspruch der ArbeitnehmerInnen nur aus „zwingenden betrieblichen Gründen“ ablehnen dürfen. Das würde vor allem Betriebe betreffen, in denen Mobilarbeit faktisch nicht möglich ist (z.B. Bäckereien oder Handwerksbetriebe). Auch sollen Gewerkschaften, Betriebs- und Personalräte wohl ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Einführung und Ausgestaltung mobiler Arbeit erhalten. Sofern es in dieser Legislaturperiode überhaupt zu einem entsprechenden Gesetz kommt, ist auch denkbar, dass – ähnlich dem Anspruch auf Brückenteilzeit – eine „Zumutbarkeitsgrenze“ eingeführt wird, sodass ein Anspruch auf Mobilarbeit nur ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl bestünde. Offen ist zudem, ob mit dem Gesetzentwurf auch eine Flexibilisierung der starren Regelungen des Arbeitszeitgesetzes erfolgt.

Lendis: Wir bedanken uns für das Gespräch!